Ortsgeschichte - Bürgergemeinschaft Rott e.V.

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Die Rotter Blätterkohle

Vom Aufstieg und Niedergang des Bergbaus in der Umgebung von Rott.
Geht man von Rott aus die Ölgartenstraße oder die Geistinger Mark Richtung Geistingen, so mag man sich kaum vorstellen, dass dort vor 150 Jahren kaum ein Baum wuchs, dafür aber reger Bergwerksbetrieb und Transportverkehr herrschte:
Seit etwa 1750 wurde in Rott Blätterkohle gewonnen, eine Abart der Braunkohle, die sich vor etwa 25 Millionen Jahren auf dem Grunde eines Sees gebildet hatte.

Zunächst wurde die Blätterkohle als Brennmaterial genutzt, ihre Asche als Dünger. Als aber Chemiker herausgefunden hatten, dass das Material 15 – 20 Prozent Teer enthielt, den man in der Arzneimittelherstellung, für Farben, für Schmiermittel usw. gebrauchen konnte, eröffnete der Geometer Windgassen 1839/40 die Grube „Johanna“, etwa am Nordrand des heutigen Golfplatzes, ca. 150 m östlich der Straße „Zur Geistinger Mark“. Bald folgte ihm der Unternehmer Bleibtreu, der schon u.a. die Gruben am Ennert betrieb. Um 1860 gab es in Rott mindestens sechs Bergwerke, in denen 1866 etwa 300 Bergleute unter primitiven Bedingungen 88.000 Tonnen Blätterkohle förderten.


Die Bergwerke selbst waren eigentlich nur Löcher, die senkrecht in die Erde gegraben wurden und die dann ca. 20 Meter Tiefe auf kohleführende Schichten trafen. Die wurden unter Tage abgebaut, indem man einfach Stollen in das Material hineingrub, wobei breite Pfeiler als Stützen stehen blieben. Mit Schubkarren brachte man die Kohle zum Schacht, wo sie mit Handhaspeln heraufgezogen und auf Handkarren verladen wurde.
Das nasse Material wurde zunächst im Drüchschopp bei Haus Ölgarten getrocknet, dann mit Pferdekarren nach Dambroich gebracht, dort zunächst auf die Pferdeeisenbahn verladen und über Niederpleis nach Beuel transportiert.





In den 1920er Jahren standen
noch Gebäude des Drüchschopps

[1]Das Südufer des Sees muss etwa bei Rott gewesen sein, denn südlich der Dambroicher Straße ist keine Blätterkohle mehr gefunden worden.
Der größte Abnehmer des Materials war die Augustenhütte von Wiesmann[1] (später Werk Beuel der Degussa, an der Ecke Siegburger Str./Königswinterer Str.). Dort gewann man aus der Blätterkohle leichtes Leuchtöl (Phosgen), Solaröl („Deutsches Petroleum“), Schweröl (für Ölgas und Schmierstoffe), Asphalt (für Farben) und auch Paraffin: Wiesmann stellte wahrscheinlich aus Rotter Blätterkohle die ersten deutschen Paraffinkerzen her.

1864 wurde bei Rott eine Verschwelungsanlage mit 200 Retorten für einige Jahre in Betrieb genommen, rechts neben der Straße nach Haus Ölgarten, im jetzigen Kiefernwald. Die Schlacken aus dieser entsetzlich stinkenden Produktion kippte man westlich davon an den Hang Richtung Dambroich, wo sie noch heute im Wald zu finden sind.

Das Aus für die Förderung begann eigentlich schon 1862, als der amerikanische Unternehmer Rockefeller das erheblich billigere Petroleum nach Deutschland exportierte und gleichzeitig Paraffin aus der sächsischen Braunkohle bedeutend einfacher zu gewinnen war. 1868 stellte die Augustenhütte den Verschwelungsbetrieb ein und die Rotter Gruben mussten schließen. Grube Krautgarten (In der Senke nördlich von Sens, westlich der Ölgartenstraße), die eine besonders eisensulfidreiche Braunkohle förderte (Vitriolhütte) lag bereits 1860 still. Sie wurde gegen Ende des ersten Weltkrieges wahrscheinlich aber kurz wieder geöffnet. Heute ist noch nicht einmal mehr genau bekannt, wo welche Gruben bestanden. 1919 plante man noch einmal, die Blätterkohle im Tagebauverfahren abzubauen, gab das aber schnell wieder auf. Man stelle sich das mal vor: Ein großes Loch von Pickenhan bis Haus Ölgarten!

Die Rotter Blätterkohle wäre sicherlich schon längst als eine Episode der örtlichen Wirtschaftsgeschichte vergessen, wenn ihr nicht ihr Reichtum an Fossilien zur Weltberühmtheit verholfen hätte: Unter Paläontologen, den Forschern, die sich mit den Lebensformen früherer Erdzeitalter befassen, gilt Rott als einzigartige und reichhaltige Lagerstätte gut erhaltener Tier- und Pflanzenreste aus dem Ober-Oligozän
.



Pflanzenblätter und –samen, Insekten, Fische, Lurche, sogar hasenähnliche Tiere, Krokodile, ein „Kohleschwein“, Unmengen von Fossilien haben sich auf dem Grunde des Sees unter Luftabschluss so gut erhalten, dass die Fachleute oft Haare und Federn studieren können. Aus den Funden weiß man auch, dass damals das Klima in unserer Gegend fast tropisch warm war.
Die Funde aus Rott sind in paläontologischen Sammlungen hoch begehrt. Man kann sie bewundern in London (Museum of Natural History), in Kalifornien (Los Angeles County Museum), Frankfurt (Senckenberg-Museum), Stuttgart (Staatliches Museum für Naturkunde), Siegburg (Stadtmuseum) und in Bonn (Institut für Paläontologie der Universität).

Auch in manchen alten Haushalten in Rott stehen noch Schuhkartons mit Fossilien, die früher auf Schulausflügen aus den Halden gekratzt wurden. Diese Halden genießen jetzt als Bodendenkmäler staatlichen Schutz. Graben darf man dort nicht mehr. Es ist auch kaum noch etwas Bedeutendes zu finden, denn die Haufen sind schon über ein Jahrhundert lang durchwühlt worden und zudem ziemlich tiefgründig verwittert.


Basalt

Zur Vorgeschichte der Blätterkohle gehört die große Explosion des Siebengebirges vor etwa 25 Millionen Jahren. 200 Meter dick war damals die Decke aus Tuffstein-Trümmern, die das Gebiet zwischen Porz und Remagen bedeckte.

Darunter arbeiteten sich einige Lava­ströme vorwärts, die aber nicht an die Oberfläche gelangten. Sie erkalteten unter dem Tuff und erstarrten zu Basalt­gängen, die nach Jahrmillionen aus den verwitterten Tuff­schichten auftauchten.

Basalt war ein begehrter harter Stein, der vor allem im Wasser- und im Straßenbau Verwendung fand. Wer in den Sechziger Jahren Auto fuhr, kannte noch die tückische Pflasterung der Landstraßen mit Blaubasalt, die bei Regen glatt wie Schmierseife wurde.


Die Reste eines solchen Basaltganges finden wir südlich der Hardt, in dem jetzt nur schwer zugänglichen Waldgebiet um den „Märchensee“. Dieser verwunschene Weiher ist der Rest einer Basaltgrube, die dort etwa seit der Mitte des 19. Jahrhunderts betrieben wurde. 1901 wurde die stolze Belegschaft der Basaltgrube „Rotter Hardt“ dort fotografiert.In der hintersten Reihe steht als 5. von rechts Peter Dornbusch, der Großvater von Erich Dornbusch aus Söven.

Die Arbeit war hart; als Werkzeug gab es nur schwere Hacken (oben links und der Mann in der Mitte mit der hellen Joppe), riesige Steingabeln (der zweite oben links und der zweite von rechts) und Hämmer, mit denen die Steine zu Schotter und zu kleinen Pflastersteinen („Möppchen“) zerkleinert wurden. Die vier Männer in der ersten Reihe zeigen, dass man nur einen Stein als Unterlage, einen zum Zurichten und einen schweren Hammer braucht, um Möppchen herzustellen.







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